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Ausblick für die Schwellenländer auf das Jahr 2021

02 März 2021

Videolänge 8:39

VanEck Emerging Markets Equity Portfoliomanager, David Semple, und Emerging Markets Equity Strategy Senior Analyst, Ola El-Shawarby, diskutieren den Ausblick auf das Jahr 2021 und die Auswirkungen der Digitalisierung für die Schwellenländer.

Jenna Dagenhart: David Semple kommt zu uns, um uns mitzuteilen, wo er aktuell Chancen in den Schwellenländern [EM] sieht. Er ist Portfoliomanager für Emerging Markets Equity bei VanEck. Herr Semple, warum sollten Anleger EM-Aktien als Teil ihrer Portfolioallokation für 2021 und darüber hinaus in Betracht ziehen?


David Semple: Hallo Frau Dagenhart. Nun, ich denke, es sind ziemlich aufregende Zeiten für die Schwellenländer. Wir hatten da zum einen die Situation, dass die Reaktion auf COVID-19 aus medizinischer Sicht eigentlich recht gut war, entweder weil man in der Lage war, die Ausbreitung einzudämmen oder die Ausbreitung des Virus zu stoppen, oder weil sich die Pandemie aus verschiedenen Gründen nicht derart stark auf diese Länder ausgewirkt hat. Oder es könnte daran liegen, dass es jüngere Bevölkerungsgruppen gibt, die vorhandenen Krankheitserregern ausgesetzt waren oder was auch immer. Jedenfalls befindet sich COVID in den Schwellenländern allmählich auf dem Rückzug, was gut ist, weil die Schwellenländer in Sachen Impfungen ein wenig hinterherhinken werden. Und das bedeutet, dass wir vielerorts einen echten wirtschaftlichen Aufschwung erleben können. Offensichtlich hat Nordostasien in dieser Hinsicht bislang besser abgeschnitten. China ist im vergangenen Jahr als einzige große Volkswirtschaft gewachsen. Das gilt aber auch für andere Länder. Es gibt einen Anstieg in Bezug auf die Mobilität und in Bezug auf die wirtschaftliche Aktivität.


David Semple: Der letzte anzumerkende Punkt ist, dass dies alles ohne allzu große Unterstützung durch die Geld- und Fiskalpolitik geschehen ist, insbesondere im Vergleich zu den Industrieländern. Die Fiskalpolitik borgt sich derzeit ja im Grunde genommen in Sachen Wachstum Potenzial von zukünftigen Jahren, denn je mehr man jetzt in Form von staatlichen Fiskalausgaben verteilt, desto mehr muss man später zurückzahlen. Die Schwellenländer haben dagegen für dieses Wachstum keine Kredite aufgenommen, entweder weil sie es nicht mussten, da sich die Volkswirtschaften eigentlich recht gut entwickelt haben, oder weil sie es nicht konnten, da sie keine signifikante Abwertung ihrer Währung in Kauf nehmen wollen. Sie scheinen also wirtschaftlich sehr gut aufgestellt zu sein.


Jenna Dagenhart: Das ist ein hervorragender Punkt. Wenn Sie sich kleinere Länder und Unternehmen in der Schwellenländerregion ansehen, glauben Sie, dass sich diese in Zukunft gut schlagen werden?


David Semple: Ich denke, dass mit Voranschreiten der Erholung einiges dafür spricht. China, Korea und Taiwan Region sind sehr dienliche Beispiele für die Nutznießer dessen, was relativ gesehen vor sich geht. Wirtschaftlich haben sich diese Länder in der Tat gut behauptet. Sie sind auch sehr gut bei Aspekten wie die Bereitstellung von Technologie für das Home-Office oder die Implementierung von Technologie für die Entwicklungen in China sowie den Einsatz von Technologie generell aufgestellt. Mit Blick auf die kommenden Jahre weisen jedoch einige derjenigen Länder, die von der Pandemie stärker betroffen waren, eventuell ein höheres Beta auf. Das wären dann zum Beispiel Lateinamerika oder Südafrika. Diese Art von Ländern könnten Rückschläge erleben.


David Semple: Und dann sind kleine Unternehmen tatsächlich ein sehr interessanter Teil des Puzzles. In diesem und im letzten Jahr haben die größeren Unternehmen, also die Mega Caps, in den Schwellenländern bisher sehr gut abgeschnitten. Ich denke, ein Teil davon ist strukturell bedingt, ein Teil aber auch einfach davon abhängig, wo die Leute ihr Geld in Bezug auf eine Erholung der Märkte in erster Linie investieren. Und das kommt dann letztlich auch bei den kleineren Ländern an, die in der Regel sehr stark von der Binnenkonjunktur profitieren. Wir glauben, dass es einige wirklich interessante Aktien im Small- und Mid-Cap-Bereich gibt. Wie Sie wissen, sind wir ein echter All-Cap-Fonds, d. h. wir investieren wirklich in erheblichem Umfang in kleine und mittelgroße Unternehmen, und wir hoffen, dass wir einige kleine Perlen finden können, die sich zu größeren Schmuckstücken mausern werden. Wir sind von den Aussichten für die meisten dieser Unternehmen sehr begeistert.


Jenna Dagenhart: Danke, Herr Semple. Ich weiß, dass Sie und Ihr Team immer vorausschauend arbeiten und sich auf neue nachhaltige Bereiche des strukturellen Wachstums konzentrieren. Werfen wir also einen genaueren Blick auf das Whitepaper von VanEck über die Disruption von FinTechs in Schwellenländern. Mit Beginn des Jahres 2020 war die Digitalisierung in den sich entwickelnden Ländern bereits in vollem Gange, aber dann löste COVID-19 eine noch nie dagewesenen Beschleunigung in Sachen Einführung und Umsetzung aus. Als sich die Pandemie ausbreitete, blieben die Menschen verstärkt zu Hause und das digitale Arbeiten wurde mehr zu einer Notwendigkeit als zu einer Option.


Jenna Dagenhart: Wir konnten beobachten, dass sich diese Verlagerung über sämtliche Branchen und Sektoren hinweg abspielt, insbesondere in den Bereichen FinTech, Telekommunikation, E-Commerce, Health Tech und Online-Lebensmittelzustellung. Als Ergebnis dieser höheren Online-Durchdringung wurden schätzungsweise fast 2 Bio. USD von Offline- auf Online-Geschäftsmodelle transferiert. VanEck weist indes darauf hin, dass viele Haushalte nach wie vor keinen Zugang zu einem Smartphone haben, was die Schwellenländer in Zukunft noch lohnenswerter für FinTechs machen könnte, wenn dieser Erschwinglichkeitscode dort geknackt werden kann.


Jenna Dagenhart: Ola El-Shawarby ist jetzt bei uns, um uns ihre Meinung zu einigen dieser Trends mitzuteilen. Sie ist Senior Analystin bei VanEck Emerging Markets Equity. Frau El-Shawarby, was die Digitalisierung als Investmentthema betrifft, könnten Sie uns bitte ein oder zwei Beispiele von Portfoliounternehmen nennen, die direkt von diesem Thema profitiert haben?


Ola El-Shawarby: Sicher. Hallo Frau Dagenhart. Wie Sie schon sagten, haben wir definitiv eine sehr starke Beschleunigung des Digitalisierungstrends im Jahr 2020 gesehen. Und ein Unternehmen, über das ich gerne sprechen würde, und zwar speziell im von Ihnen erwähnten FinTech-Bereich, ist Fawry. Es handelt sich dabei um das größte Unternehmen für den elektronischen Zahlungsverkehr in Ägypten. Für den Kontext sei erwähnt, dass Ägypten immer noch sehr stark bargeldbasiert ist, da nur etwa ein Drittel der Bevölkerung überhaupt ein Bankkonto hat. Fawry erkannte die Chance und begann ursprünglich als Unternehmen für Rechnungszahlungen, indem es Partnerschaften mit kleinen Kiosken einging, die im Grunde genommen Bargeld von den Leuten einsammeln und dieses Bargeld dann verwenden, um deren Rechnungen elektronisch zu bezahlen.


Ola El-Shawarby: Im Laufe der Jahre ist das Unternehmen dann sehr stark gewachsen und es erreicht mittlerweile 29 Millionen Kunden auf seiner Plattform und fast 170.000 Händlerpartner im ganzen Land. Wenn man einmal diese Größenordnung erreicht hat, werden kontinuierlich weitere Dienste hinzugefügt, um diesen Übergang von Barzahlungen zu bargeldlosen oder digitalen Zahlungen zu unterstützen. Deshalb bietet das Unternehmen jetzt auch Online-Gateways an. Außerdem führt es digitale Geldbörsen, und es bietet kleinen Händlern sogar Betriebskapitalfinanzierung, um deren Wachstum zu unterstützen. Das ist also ein Unternehmen, von dem wir sehr begeistert sind und von dem wir glauben, dass es weitere Wachstumsmöglichkeiten für die Zukunft gibt.


Ola El-Shawarby: Weiter unten auf dem Kontinent, in Subsahara-Afrika, wäre ein weiteres Unternehmen zu erwähnen, das ebenfalls von der Digitalisierung profitiert, nämlich Helios Towers. Hierbei handelt es sich um ein Unternehmen mit Fokus auf der Telekommunikationsinfrastruktur, das in London notiert ist, aber alle seine Geschäftsaktivitäten im Wesentlichen in Ländern südlich der Sahara und in einigen der interessanteren und weniger zugänglichen Ländern wie der Demokratischen Republik Kongo, Tansania und Ghana verfolgt. Das sind Länder, in denen die Mobilfunkpenetration noch unter 50% liegt. Da die Welt aber immer vernetzter wird, sehen wir weiteren Bedarf an Telekommunikationsinfrastruktur, und hier kommt Helios Towers ins Spiel, das immer mehr Mobilfunkmasten baut.


Ola El-Shawarby: Es gibt auch eine interessante und aufregende M&A-These, denn Mobilfunknetzbetreiber weltweit geben einige ihrer bestehenden Masten an unabhängige Anbieter von Mobilfunkmasten wie Helios Towers ab. Wir denken also, dass das Wachstum von hier aus strukturell gesehen noch recht lange anhalten wird. Ferner sollte ich erwähnen, dass das Unternehmen aus ESG-Perspektive ziemlich gut abschneidet, denn in sozialer Hinsicht ist Konnektivität der Schlüssel für die sozioökonomische Entwicklung. Aber auch im Hinblick auf die Umwelt ist das Unternehmen positiv, da ein stärker konsolidiertes und effizienteres Netzwerk entsteht, das weniger Strom verbraucht, um zugleich die Konnektivität zu erhöhen, und das ist etwas, das die Regierungen in diesen Ländern sehr unterstützen. Das wären also zwei Beispiele, die uns sehr gut gefallen und von der Digitalisierung auf zwei verschiedene Arten profitieren.


Jenna Dagenhart: Sie haben absolut Recht. Konnektivität ist der Schlüssel, und die Welt wird immer stärker vernetzt.


Jenna Dagenhart: Nun, vielen Dank, dass Sie sich uns angeschlossen haben. Um mehr über die Disruption von FinTechs in Schwellenländern zu erfahren, können Sie auf den Link in diesem Video klicken.