An den Märkten auf Kurs bleiben: Inflation und die Goldlöckchen-Risiken
22 Juni 2021
CEO Jan van Eck, Portfoliomanager Shawn Reynolds und der stellvertretende Portfoliomanager Charlie Cameron besprachen unseren aktuellen Anlageausblick und die darin skizzierten drei Szenarien:
- Goldlöckchen: Die Meinung der großen Mehrheit, dass die Zinsanstiege zwischen 1,5% und 2% pausieren werden.
- Lohninflation: ein heiß diskutiertes Thema.
- Unerwartet hohe Zinssätze: Die Zinssätze steigen auf über 2%.
In der anhaltenden Inflationsdebatte verfolgen wir den Ansatz, zwischen Lohninflation und Rohstoffpreisinflation zu unterscheiden. Ob sich die Lohninflation durchsetzt, wird sich erst nach Daten für das nächste Jahr zeigen, und angesichts der Rohstoffrally fragen sich einige Anleger, ob sie das Anlagethema Inflation bereits verpasst haben (dazu vorweg: nein!). Im folgenden Q&A finden Sie die Highlights des Gesprächs, einschließlich der Gründe für unsere hohe Überzeugung gegenüber Rohstoffen.
Ist die aktuelle Rohstoffrally eher mit dem Zyklus der 1970er-Jahre oder mit dem Superzyklus des ersten Jahrzehnts dieses Jahrhunderts vergleichbar?
Wenn wir die Entwicklung von Rohstoffen im Zeitraum 2002–2007 mit den letzten elf Monaten vergleichen, erkennen wir einige Ähnlichkeiten. In den letzten elf Monaten gab es eine klare Outperformance gegenüber Aktien und Anleihen, und wir glauben, dass die fundamentale Unterstützung für die Preise zum großen Teil anhalten wird.
Inflationsanlagen in den 2000er-Jahren: Renditen von realen Vermögenswerten ggü. Aktien
31/12/2002 – 31/12/2007
Quelle: Bloomberg. Stand der Daten: 31. Dezember 2007. Dieser Zeitrahmen wurde gewählt, um die Wertentwicklung ausgewählter Anlageklassen während der letzten Inflationsperiode in den USA zu zeigen. Rohstoffe werden anhand des Bloomberg Commodity Index gemessen; natürliche Ressourcen werden anhand des S&P Global Natural Resources Index gemessen; Gold wird anhand des Spotpreises pro Feinunze gemessen; US-Aktien werden anhand des S&P 500 Index gemessen; US-Anleihen werden anhand des Bloomberg Barclays US Aggregate Bond Index gemessen. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist keine Garantie für künftige Ergebnisse.
Inflationsanlagen in diesem Zyklus: Renditen von realen Vermögenswerten ggü. Aktien
30/6/2020 – 21/5/2021
Quelle: Bloomberg. Stand der Daten: 21. Mai 2021. Rohstoffe werden anhand des Bloomberg Commodity Index gemessen; natürliche Ressourcen werden anhand des S&P Global Natural Resources Index gemessen; Gold wird anhand des Spotpreises pro Feinunze gemessen; US-Aktien werden anhand des S&P 500 Index gemessen; US-Anleihen werden anhand des Bloomberg Barclays US Aggregate Bond Index gemessen. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist keine Garantie für künftige Ergebnisse.
Der vorangegangene Superzyklus war nachfragegetrieben. China stieg von einer 1,7-Billionen-Dollar-Wirtschaft zu einer 3,6-Billionen-Dollar-Wirtschaft auf, und die Nachfrage nach natürlichen Ressourcen stieg sprunghaft an. Während dieses Fünfjahreszeitraums in der obigen Grafik wuchs die chinesische Wirtschaft um etwa 2 Bio. USD.1
Diesmal gibt es einen gewissen Nachfragedruck durch die Wiedereröffnung, aber der Verbrauch der meisten natürlichen Ressourcen und Rohstoffe ist noch nicht wieder auf dem Niveau vor der Pandemie. Das deutet darauf hin, dass eine andere Komponente die Preise antreibt, und das ist unserer Meinung nach das Angebot – das über ein Jahrzehnt lang keine Sorgen bereitet hat.
Warum wird das Angebot noch eine Weile ein Thema sein?
In den 2000er-Jahren wurden die Investitionsausgaben massiv erhöht – im Bereich der US-Ölexploration und -produktion stiegen sie von 40 Mrd. USD im Jahr 2003 auf 180 Mrd. USD im Jahr 2014.2 Dadurch legte die Ölproduktion in den USA von etwa 5 Millionen Barrel pro Tag auf einen Spitzenwert von etwa 12 Millionen Barrel pro Tag zu.3
Dann, im November 2014, begannen die Ölpreise im Zuge des Preiskriegs zwischen der OPEC und dem US-amerikanischen Schieferöl zu fallen und sanken in den nächsten fünf Jahren weiter. Während dieser Zeit gingen die Investitionen zurück. Sie lagen 2020 bei etwa 60 Mrd. USD und werden auch für dieses Jahr auf etwa 60 Mrd. USD geschätzt.4 Dies könnte zu einem Rückgang der Ölproduktion um etwa 2–2,5 Millionen Barrel pro Tag führen.
Das ist ein Grund, warum wir glauben, dass die Angebotsreaktion den Preisen Auftrieb verleiht. Ein ähnliches Szenario spielt sich bei vielen anderen Rohstoffen ab, darunter Kupfer, Eisen und Gold, und sogar bei nicht schlagzeilenträchtigen Rohstoffen wie Sackleinen und Gummi. Bei vielen natürlichen Ressourcen und Rohstoffen sehen wir ebenfalls sehr hohe Preise nahe historischen Höchstständen.
Kann die OPEC nicht einfach den Ölhahn wieder aufdrehen?
Dies ist der eine Rohstoff, bei dem das ein Risiko darstellt, aber wir befinden uns schon seit einigen Jahren in dieser Situation. Es gibt einige freie Kapazitäten, aber die Disziplin, die wir in der OPEC und auch außerhalb der OPEC beobachten konnten, spricht für eine geringere Produktion. In Großbritannien sank die Produktion im Jahr 2020 um etwa 7% und sie wird in diesem Jahr voraussichtlich um weitere 10–15% zurückgehen. Es handelt sich also um ein weltweites Phänomen.5
Wie lange wird diese Disziplin oder Kapitalknappheit anhalten?
Die Unternehmen haben jahrelange operative und finanzielle Restrukturierungen hinter sich, die seit dem Höhepunkt der Investitionsausgaben, dem Überangebot und dem Verfall der Rohstoffpreise ihren Lauf nahmen. Gerade die Bergbauunternehmen haben gezeigt, wie sich finanzielle Vorsicht auszahlen kann.
Finanzielle Vorsicht zahlt sich aus:
Kapitalrückführung und Dividendenrendite der „Big 6”-Bergbaugesellschaften
Der Leser sollte nicht davon ausgehen, dass eine Investition in die erwähnten Wertpapiere gewinnbringend war oder sein wird. Diese Publikation stellt keine Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar. Quelle: VanEck, Bloomberg. Stand der Daten: September 2020. Die „Big 6”-Bergbauunternehmen sind Anglo American, BHP, Glencore, Rio Tinto, Teck Resources und Vale. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist keine Garantie für künftige Ergebnisse.
Zu Beginn des letzten Jahrzehnts stiegen die Dividenden und erreichten einen Höchststand, dann fielen die Kurse. In den Jahren 2016 und 2017 wurden die Dividenden gekürzt, aber dann setzte die operative und finanzielle Restrukturierung ein, was sich in der Erholung der Dividendenrenditen in den Jahren 2018 und 2019 widerspiegelte. Und auch hier sind die Bergbauunternehmen anderen Branchen voraus, aber die Entwicklung ist in vielen anderen Branchen ähnlich. Wir sehen, dass sich die Kapitaldisziplin auf Ausschüttungen und Renditestrategien auswirkt, ebenso wie auf öffentliche Geschäftsstrategien, die auf Vorsicht und nicht auf übermäßige Ausgaben ausgerichtet sind, sodass wir diese Disziplin als nachhaltig erachten.
Wovon wird diese Branche abgesehen von dieser Disziplin nach Ihrer Einschätzung noch getrieben?
Was sich unserer Meinung nach über mehrere Jahrzehnte hinweg auf die Nachfrage nach Rohstoffen auswirken wird, sind die Trends der Ressourcenumstellung und der ökologischen Nachhaltigkeit, die momentan an Fahrt aufnehmen. Die Internationale Organisation für Erneuerbare Energien (IRENA) schätzt, dass sich der Ressourcenwandel in den nächsten 30 Jahren auf 110 Bio. USD belaufen könnte, was uns ein Gefühl dafür vermittelt, wie groß dieser Markt und die potenziellen Wachstumschancen sein können. Mit Blick auf die Anlageziele unserer VanEck Global Resources Strategie glauben wir, dass die Energiewende genau dazu passt – sie bietet Inflationsschutz und eine hohe Partizipation am globalen Wachstum.
Wer werden die Hauptnutznießer dieses Übergangs sein?
Insbesondere glauben wir, dass „grüne” Metalle – wie Kupfer, Nickel, Kobalt und Lithium – bei diesem Übergang eine wichtige Rolle spielen werden. In gewisser Weise lässt sich feststellen, dass sich unsere Wirtschaft von einer auf fossilen Brennstoffen basierenden Wirtschaft zu einer auf Mineralien oder Metallen basierenden Wirtschaft entwickelt. Ein Elektroauto enthält wesentlich mehr Mineralien und Metalle als ein herkömmliches Auto. Diese Metalle werden auch in sauberen Energietechnologien wie Wind- und Solarenergie in deutlich höheren Mengen eingesetzt als bei traditionellen Erdgas- und fossilen Brennstofftechnologien.
Was mögliche Angebotsprobleme angeht, so sind die USA einer der größten Produzenten von Erdgas und Erdöl und gehören zu den führenden Verarbeitern von Öl und Flüssigerdgasexporten. Bei den grünen Metallen sind die USA jedoch nicht führend – mit Ausnahme der Förderung seltener Erden – und die Verarbeitung dieser Materialien wird von China dominiert.
Die drei wichtigsten Produktionsländer ausgewählter Mineralien und fossiler Brennstoffe (2019)
Quelle: IEA. Stand der Daten: Mai 2021.
Auf der ganzen Welt gibt es einen Trend hin zur Onshore-Förderung und -Verarbeitung von Materialien, aber das wird einige Zeit in Anspruch nehmen und kostspielig sein. Dies ist einer der größten Preisauftriebe seit mehreren Jahrzehnten, und unseres Erachtens werden die Auswirkungen bereits deutlich. Vestas, einer der weltweit größten Hersteller von Windturbinen, gab in seiner Gewinnmitteilung für das erste Quartal 2021 bekannt, dass sein durchschnittlicher Verkaufspreis wegen Kostensteigerungen bei Rohstoffen und in der Lieferkette steigen muss.
Wird der Inflationsschub Ihrer Meinung nach schnell vorübergehen oder in den kommenden Jahren anhalten?
Kurzfristig sind wir der Meinung, dass die Makrotrends für Ressourcen günstig sind. Mittelfristig schauen wir darauf, wie sich einzelne Unternehmen und Branchen – in Bezug auf die Änderungen in ihrer Finanzpolitik und Disziplin – umstrukturiert haben, was sich über mehrere Jahre auf das Angebot auswirken wird. Langfristig glauben wir, dass der Trend zur Ressourcenumstellung und ökologischen Nachhaltigkeit über Jahrzehnte anhalten wird.
Welche Rolle werden Ölraffinerien bei der Energiewende spielen können?
Wir glauben, dass die Energiewende – wie in dem englischen Ausdruck „Energy Transition” zum Ausdruck kommt – ein allmählicher Übergang ist, weshalb fossile Brennstoffe noch viele Jahre lang verbraucht werden. Traditionelle Raffinerien werden weiterhin eine wichtige Rolle spielen, und sie haben eine Reihe von Jahren damit verbracht, ihre Bilanzen zu sanieren. Ein weiterer interessanter Aspekt ist, dass einige dieser Unternehmen, wie Valero in den USA und Neste in Finnland, einen Schritt in Richtung erneuerbarer Diesel sowie erneuerbare Flugzeugtreibstoffe und erneuerbare Kunststoffe machen.6 Wir glauben, dass sich diese Entwicklung fortsetzen könnte.
Was halten Sie von den aktuellen Bewertungen der Energieaktien?
In der gesamten Rohstoffbranche – nicht nur im Energiesektor – gibt es derzeit den makroökonomischen Rückenwind, über den wir gesprochen haben, sowie die Umstrukturierung und Disziplin, die zu einer Angebotsreaktion und hohen Rohstoffpreisen führen. Und zu allem Überfluss müssen die Investoren zurzeit nichts dafür bezahlen. Die Bewertungen sind in allen Rohstoffbranchen, auf die wir uns konzentrieren, gesunken. Während man vor fünf Jahren für ein Ölexplorations- und -produktionsunternehmen noch eine Prämie von vielleicht dem 10-Fachen des EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) zahlen musste, erhalten Investoren jetzt einen Abschlag und zahlen etwa das Vierfache des EBITDA.7 In vielen Fällen werden diese Aktien nicht nur mit einem Abschlag zum Markt gehandelt, sondern auch unter ihren 10-Jahres-Durchschnittswerten und in einigen Fällen sogar auf ihren 10-Jahres-Tiefstständen.
1 Quelle: Die Weltbank.
2 Quelle: Evercore ISI.
3 Quelle: U.S. Energy Information Administration.
4 Quelle: Evercore ISI.
5 Quelle: S&P Global Platts.
6 Unternehmensdaten von Valero und Neste.
7 VanEck Research.
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