Rüstungsaktien als ethisch vertretbare Investments der Zukunft?
16 Mai 2024
In den letzten Monaten wurde der europäische Verteidigungssektor von den Politikern bejubelt. In Großbritannien kündigte Premierminister Rishi Sunak Ende April an, die Rüstungsindustrie des Landes auf Kriegsbereitschaft einzustellen, und griff damit ähnliche Äußerungen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron auf, die dieser nur wenige Wochen zuvor getätigt hatte.1
Seit Russlands Einmarsch in die Ukraine im Jahr 2022 haben die europäischen Länder erkannt, dass sie ihre Streitkräfte stärken und die Verteidigungsindustrie wiederbeleben müssen. Andernfalls werden sie nicht in der Lage sein, die Demokratien des Kontinents zu schützen.
Dieser Stimmungsumschwung hat sich im Jahr 2024 verstärkt, da die Verteidigungsausgaben der europäischen NATO-Verbündeten voraussichtlich steigen werden, um die vereinbarten 2 % des Bruttoinlandsprodukts zu erreichen. Das ist ein deutlicher Anstieg von 1,47 % gegenüber dem Stand vor 10 Jahren im Jahr 2014.
Verteidigungsausgaben in Prozent des BIP NATO Gesamt und NATO Europa
Verteidigungsausgaben in Preisen von 2015 und in % des BIP der europäischen NATO-Länder
Die Moral des Investierens
Dieser Kurswechsel hat zu einem erheblichen Anstieg der Aktienkurse von Rüstungsaktien geführt, wie der Kursanstieg des VanEck Defense UCITS ETF um etwa 50 % seit seiner Auflegung im März 2023 zeigt. Außerdem haben sich die Einstellungen zur Moralität von Investitionen in Rüstungsaktien gelockert. Wir weisen darauf hin, dass die Wertentwicklung in der Vergangenheit keine Garantie für zukünftige Erträge ist und dass Anleger in den VanEck Defense UCITS ETF das Risiko eines Kapitalverlusts, eines Aktienmarktrisikos und eines Sektorkonzentrationsrisikos eingehen.
Nirgendwo wurde die erwähnte Aufweichung der Haltung deutlicher als in einer gemeinsamen Erklärung des britischen Finanzministeriums und des britischen Vermögensverwaltungsverbandes Investment Association. "Investitionen in Rüstungsunternehmen tragen zu unserer nationalen Sicherheit bei, verteidigen die bürgerlichen Freiheiten, die wir alle genießen, und liefern gleichzeitig langfristige Renditen für Pensionsfonds und Kleinanleger”, heißt es darin.
Dies widerspricht dem früheren Konzept zu Umwelt, Sozialem und verantwortungsvoller Unternehmensführung (ESG), bei dem jedes Waffen produzierende Unternehmen als schlecht eingestuft und somit nicht für eine Investition empfohlen wurde. Aber die Zeiten ändern sich und die Ansichten mancher Menschen offenbar auch.
Dennoch halten sich einige große institutionelle Anleger, wie z. B. Pensionsfonds, weiterhin mit Investitionen in die Rüstungsindustrie zurück. Der Grund dafür könnte die Sorge sein, gegen EU-Vorschriften zur Nachhaltigkeit zu verstoßen, aber auch die Sorge um den eigenen Ruf.
“Wenn es der Politik gelingen soll, deutlich mehr Kapital von privaten Anlegern zu beschaffen, sind wahrscheinlich weitere gezielte Maßnahmen in der EU und in Dänemark erforderlich, um eine größere Akzeptanz und ein besseres Verständnis für diese Investitionen zu schaffen”, wurde Thomas Vile Jensen, stellvertretender Direktor von Insurance & Pension Denmark, kürzlich auf IPE.com zitiert.2
Schattierungen von Grau
Sicher, das Militär betreibt jetzt Lobbyarbeit bei den Pensionsfonds. “Die ESG-Ziele waren nie dazu gedacht, uns davon abzuhalten, uns zu verteidigen. Ich wüsste nicht, was an Selbstverteidigung unethisch sein sollte”, meinte Rob Bauer, Vorsitzender des Militärausschusses der NATO, auf dem Frühjahrsseminar 2024 des IVP-Instituts für Pensionskassen.
Sowohl Politiker als auch Militärs sind bestrebt, Investitionskapital freizusetzen, um in den Ausbau der industriellen Verteidigungsbasis Europas zu investieren, für den Fall, dass der Kontinent sich irgendwann verteidigen muss und um Aggressionen abzuschrecken. Darüber hinaus erkennen sie, dass mehr Investitionen in Aktien von Rüstungsunternehmen ihre Kapitalkosten effektiv senken.
Offensichtlich ändert sich die Debatte darüber, ob Rüstungsunternehmen als ethische Investitionen – oder zumindest als nicht unethisch – betrachtet werden können. Für einige mag die Angelegenheit schwarz oder weiß bleiben: Unternehmen, die Waffen zum Töten herstellen, werden niemals akzeptable Investitionen sein. Für andere gibt es jedoch auch Grautöne, und es sieht so aus, als ob Rüstungsaktien wahrscheinlich immer mehr als nachhaltig betrachtet würden.
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